Grafrather stimmen für Einkaufszentrum

Am Bürgerentscheid über das Ratsbegehren beteiligen sich 52,3 Prozent der Stimmberechtigten. Nun kann der Gemeinderat, gestützt auf eine deutliche Mehrheit, den Supermarkt in der Ortsmitte weiterplanen

Von Manfred Amann

Grafrath – In Grafrath kann die Planung eines neuen Einkaufszentrums fortgesetzt werden. Beim Bürgerentscheid über ein Ratsbegehren am Sonntag wurde auf 1520 gültigen Stimmzetteln 996 Mal „Ja“ angekreuzt, 524 votierten dagegen. Damit haben sich fast zwei Drittel der Bürger, die zur Abstimmung gingen, für die Ansiedlung eines Lebensmittemarktes auf dem ehemaligen Damian-Gelände ausgesprochen. Die Wahlbeteiligung lag bei 52,3 Prozent. Bis zum Schluss hatten einige Ratsmitglieder noch gebangt, dass nicht genug Wähler zur Urne gehen würden und das Quorum von 20 Prozent verpasst werden könnte. Doch den Grafrathern war das Supermarkt-Thema offensichtlich so wichtig, dass sogar drei Prozent mehr Bürger die Wahllokale aufsuchten, als vor einigen Wochen beim Bürgerentscheid zur Bebauung des Klosterwirtgeländes. Das Quorum wurde erfüllt.

„So habe ich mir das Ergebnis gewünscht, eindeutig und unumstößlich“, sagte Bürgermeister Hartwig Hagenguth (Bürger für Grafrath) sichtlich erleichtert nach der Bekanntgabe des Gesamtergebnisses. Weil der Entwurf für den vorhabenbezogenen Bebauungsplan nun mehrheitlich Zustimmung gefunden hat, will Hagenguth „die Planung schnell voranbringen“. Im Wesentlichen geht es nun noch darum festzusetzen, wie die 14 Wohnungen in den Obergeschossen ausgestattet sein sollen. Froh sei er darüber, dass der Bürgerentscheid nicht knapp ausgegangen sei, weil es sonst womöglich wieder zu Streitereien im Gemeinderat gekommen wäre, sagte Hagenguth. In der hohen Wahlbeteiligung und im Ergebnis sieht er „ein sehr positives Zeichen“ dafür, dass die direkte Demokratie funktioniert.

Als erstes Ergebnis lag die Auszählung der Briefwahl vor, die von 272 Bürgern in Anspruch genommen wurde. 164 Briefwähler stimmten für die Planung, 99 dagegen, neun Stimmen waren ungültig. Damit zeichnete sich bereits eine Tendenz ab, die nach und nach durch die Ergebnisse der anderen vier Wahlbezirke bestätigt wurde. „Ich hatte eigentlich mit einem Verhältnis von 70 zu 30 Prozent gerechnet“, sagte SPD-Gemeinderat Klaus-Dieter Nerlich. Näher dran lagen allerdings die übrigen Wahlhelfer mit ihrer Einschätzung von 60 zur 40. „Entscheidend ist, dass ein eindeutiges Ergebnis da ist und der Gemeinderat so einen klaren Auftrag bekommen hat“, kommentierte Nerlich. Unerklärlich fand er, dass bei der Briefwahl acht Wahlscheine falsch ausgefüllt waren, „obwohl die Leute zu Hause doch viel Zeit und Ruhe zum Ausfüllen haben“. Ein Wahlzettel musste für ungültig erklärt werden, weil zum Kreuzchen noch ein Wort dazugeschrieben worden war.

 

Kommentar:


BÜRGERENTSCHEID GRAFRATH

Konsum im Zentrum

Von Erich C. Setzwein

Wie sich nach der Auszählung der Stimmen am Sonntagabend zeigt, waren die Grafrather Gemeinderäte gut beraten, als sie sich zu einem Ratsbegehren über die bereits in ihren Reihen kontrovers diskutierte Supermarkt-Planung entschlossen. Die Bürger, die sie seit Jahren vertreten, haben ihnen nun erneut eine klare Handlungsanweisung gegeben. Die Mehrheit der Urnengänger will also einen Supermarkt, die Konsumenten haben über die Kritiker obsiegt.

Grafrath hat zwar kein Ortszentrum, bekommt aber nun zumindest ein Einkaufszentrum. Vermutlich ist die Mehrheit einfach ihrem Bauchgefühl gefolgt, wohl wissend um die örtlichen Verhältnisse und die Möglichkeiten eines kleinen Einkaufstempels. In dem etwas zerklüfteten Gemeindegebiet einen Mittelpunkt neu zu erschaffen, wird nun kein Wunschtraum bleiben. Die vagen Befürchtungen über die Folgen des Supermarktbaus nahe der Schule haben nicht verfangen. Grafrath wird allerdings nun bekommen, was es auch anderswo im Landkreis gibt: eine weitere Kopie eines integrierten Einzelhandelsgeschäfts mit Einkaufsmarkt, einer Aufbackstation für Billigsemmeln, einer Verkaufsstelle für Bier und Sprudel, aber auch neuen sozialen Treffpunkten. In der Schlange an der Kasse, zum Beispiel.

Die Mehrheit von insgesamt 2918 Bürgern will das so. Und diese Mehrheit hat dem Gemeinderat am Sonntag signalisiert: Ohne uns geht es nicht. Dass die Beteiligung an diesem Entscheid noch höher ausfiel als im Dezember vorigen Jahres, ist erfreulich. Die Grafrather haben damit unterstrichen, dass es ihnen ernst ist, mit den Mitteln der direkten Demokratie zwischen den Wahlen mitzubestimmen. Die Wähler haben dabei die derzeitigen Wahlkämpfer ermahnt, dass die Politiker es sich nicht einfallen lassen sollten, nach ihrer Wahl die Meinung der Bürger zu ignorieren. In der zu Ende gehenden Amtsperiode wurde durch einen Entscheid eine Planung revidiert, durch einen anderen eine unterstützt. Es geht den Grafrathern also nicht um Ablehnung und Protest, sondern um notwendige Korrekturen – und damit um die Zukunft ihres Ortes.

Grünen-Gemeinderätin Marion Kapsch nahm das Ergebnis gelassen. „Uns wären zwar mehrere kleinere Läden im Ortszentrum lieber gewesen als ein riesiger Lebensmittelmarkt, aber selbstverständlich akzeptieren wird das demokratische Ergebnis.“ Auch Bürgermeisterkandidat Josef Heldeisen (SPD) freute sich über das „saubere Ergebnis“ und sein Konkurrent Christian Strasdat (Einigkeit Grafrath) riet dazu, trotz des klaren Ergebnisses die Bedenken der Gegner ernst zu nehmen und vor allem nach einer Lösung zu suchen, die den zusätzlichen Verkehr in der Hauptstraße erträglicher machen helfe. Die wenigsten Neinstimmen wurden mit 74 im Bürgerstadel gezählt, dafür votierten dort 211 Wähler. Die meisten Nein-Stimmen gab es mit 124 in der Ortsmitte im Bereich der Hauptstraße und ihrer Anlieger. Doch auch dort war das Ergebnis mit 227 Ja-Stimmen überdeutlich.

(SZ vom 10.02.2014)